Sozial-/Lohndumping allgemein

 

 

Deutschland unter Schnitt

Steuerquote relativ klein

Wie gefräßig ist der deutsche Staat? Viel zu viel müssen Bürger und Unternehmen von ihrem Geld an Finanzamt und Sozialversicherungen abgeben - das ist die landläufige Meinung...

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Steuerquote sinkt

Anteil der Abgaben geht weiter zurück

Der deutsche Sozialstaat beansprucht einen immer geringeren Teil des Wohlstands. Laut einer OECD-Studie ist die Steuer- und Abgabenquote gegen den internationalen Trend gefallen...

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Die Sache mit dem Lohndumping

Wirtschaft und Wirtschaftspolitik arbeiten oft mit Annahmen, die nur auf den ersten Blick logisch sind. Der FR-Seziertisch nimmt sie auseinander. Diesmal: Georg Füllberth über Arbeitszeit.

 

Umfragen belegen: Es gibt in der Bevölkerung eine Mehrheit für eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit. Das ist kein Wunder, denn es vergeht kein Tag, an dem nicht irgendein Politiker, Unternehmensvertreter oder die Presse das fordert. Daneben gibt es noch den Vorschlag der Rürup-Kommission, die Lebensarbeitszeit bis 67 zu verlängern. Das ist gegenwärtig noch nicht mehrheitsfähig, gewinnt aber an Zustimmung.

Fangen wir mit dem zweiten Thema an. Wenn Versicherte nicht mit 65 aus der Erwerbsarbeit ausscheiden, sondern erst mit 67, beziehen sie nicht nur später Rente, sondern sie zahlen in dieser Zeit auch noch ein. Dadurch sollen die Kassen entlastet und die Beiträge stabil gehalten werden. Jedoch bleiben Stellen von Älteren besetzt, auf die Jüngere nicht nachrücken. Letztere zahlen nicht ein. Mehreinnahmen von den Betagten stehen Mindereinnahmen vom Nachwuchs gegenüber, es ist ein Nullsummenspiel.

Die Lebensarbeitszeit wird dadurch nicht länger: Sie fängt nur später an. Auch bleibt sie nicht stabil, sondern wird sogar weiter sinken. Viele Beschäftigte werden nach wie vor spätestens mit 65 in Rente gehen — teils weil sie nicht länger arbeiten können, teils weil die Unternehmen sie vorher irgendwie verabschieden. Dann gibt es Abzüge, und das ist der Zweck der Übung: Durch die Erhöhung des offiziellen Renteneintrittsalters kann bei all denen gespart werden, die früher gehen müssen.

Damit haben wir auch eine Erklärung für die Vorschläge, die Wochenarbeitszeit zu verlängern. Es geht nicht darum, in den weiteren Stunden mehr Güter herzustellen, sondern die Stückkosten zu senken. Die zusätzliche Arbeitszeit soll unbezahlt bleiben. Es handelt sich letztlich um Lohnsenkung. Reden wir also darüber: Lohnsenkung — sei es direkt, sei es auf dem Weg über unbezahlte Mehrarbeit — soll den Unternehmen die Möglichkeit geben, sich durch ein günstiges Angebot auf dem Markt zu behaupten.

Das hat einen Nachteil: Steigen die Löhne nicht, stagniert die Nachfrage. Vielleicht können vorhandene Arbeitsplätze gehalten werden. Neue entstehen aber nicht — wenn doch, um den Preis von Niedriglöhnen, die ihrerseits die Nachfrage nicht erhöhen. Ein Gegenargument lautet: Gelingt es, mit Lohnsenkungen die Waren zu verbilligen, können sie auch bei sinkendem Nominallohn gekauft werden. Die Nachfrage geht dann nicht zurück. Sie steigt aber auch nicht, sondern stagniert. Das heißt: Schon bestehende Arbeitslosigkeit kann entweder gar nicht oder doch nicht in ausreichendem Maße abgebaut werden.

Es könnte noch schlimmer kommen. Dann, wenn das Lohn- und Kostendumping in eine Deflation mündet. Würden sich dann alle über sinkende Preise freuen? Nein. Gewerbetreibende, die einen Kredit aufnahmen, könnten ihn nicht mehr zurückzahlen, weil sie nicht mehr die Preise erzielen, die sie vorher kalkuliert haben. Was dann aus den Arbeitsplätzen wird, die sie bisher anboten, brauchen wir uns nicht lange zu fragen.

Dennoch ist, wie wir gesehen haben, Lohnsenkung per Mehrarbeit derzeit fast schon populär. Die Ursache liegt im Standortdenken. Viele sehen im Dumping die einzige Chance, dass ausgerechnet ihr Betrieb, ihre Region oder gar das ganze Land sich gegen Konkurrenz behauptet. Aber Standorte sind nicht homogen. Auch in starken Regionen gibt es schwache Gegenden, in keinem Betrieb haben wir nur Profit Center, in den Belegschaften sind Dreißigjährige mit Kinderwunsch und Ältere.

Das wäre zu verkraften, würde zugleich ein ausgleichender Transfer organisiert. Das passt aber nicht zur Wettbewerbslogik, weshalb gegenwärtig öffentlich finanzierte Infrastruktur und Sozialleistungen abgebaut werden. Wir sollten uns die Sache mit dem Lohndumping noch einmal überlegen.

 

 

Georg Füllberth ist Professor
für Politikwissenschaft an der Philipps-Universität in Marburg.

 

Quelle: Frankfurter Rundschau, 14. November 2003

 


 

Aus der Frankfurter Rundschau, 02.01.2004

 

Steuern und Soziales - was sich alles ändert

Steuern, Sozialleistungen, Arbeitsmarktgesetze - Bundestag und Bundesrat haben zwei Wochen vor der Jahreswende ein umfangreiches Reformpaket beschlossen. So treten - zusammen mit der im Oktober verabschiedeten Gesundheitsreform - in diesem und in den nächsten Jahren viele bedeutsame Änderungen für Arbeitnehmer, gesetzlich Versicherte und Steuerzahler in Kraft. Im FRplus Wirtschafts-Thema fassen Hans Nakielski und Ilse Schlingensiepen die wichtigsten Neuerungen zusammen.

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Resolution zur Gesundheitsreform

 


Ausgaben GKV 2004, Quelle: BMGuS

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Ausgaben GKV 2004, Quelle: FAZ

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