Landessozialgericht Rheinland-Pfalz

Pressemeldung vom 11. Januar 2010

Besorgnis der Befangenheit eines Richters muss sofort geltend gemacht werden

Ein Grund zur Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit, der sich aus dem Verhalten des Richters während eines Erörterungstermins ergibt, muss bis zum Ende des Termins geltend gemacht werden.

In dem Verfahren der Klägerin wurde am 16.06.2009 ein Erörterungstermin durchgeführt. Ausweislich der über den Erörterungstermin gefertigten Niederschrift gab die Klägerin in dem Termin Erklärungen ab und ließ sich zur Sache ein. Erst mehr als zwei Wochen später machte sie schriftlich geltend, der Vorsitzende habe in dem Erörterungstermin mit Nachdruck von ihr verlangt, ein Teilanerkenntnis der Beklagten anzunehmen. Er habe sie angebrüllt und sei aggressiv und unbeherrscht gewesen. Sie könne daher nicht auf ein faires Verfahren hoffen.

Das Landessozialgericht wies das Gesuch der Klägerin, den Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, zurück. Ein Prozessbeteiligter müsse einen im Verhalten eines Richters während eines Erörterungstermins liegenden Ablehnungsgrund bis zum Ende der Sitzung geltend macht, wenn er nicht sein Recht, den Richter wegen dieses Verhaltens wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, verlieren will. Denn das Gericht und die übrigen Beteiligten sind nur dann in der Lage, das Geschehen einer mündlichen Verhandlung zuverlässig zu rekonstruieren und zu dokumentieren, wenn sich eine Notwendigkeit, die Erinnerung daran festzuhalten, in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit diesem Geschehen ergibt.

Im Übrigen sah das Landessozialgericht auch einen Ablehnungsgrund nicht als gegeben an. Die in der Sitzung ebenfalls anwesende Vertreterin der Beklagten hat den Vortrag der Klägerin nicht bestätigt. Unabhängig hiervon, berechtigen Unmutsäußerungen des Richters nur dann zur Ablehnung, wenn sie gänzlich unangemessen sind und den Eindruck der Voreingenommenheit erwecken.

(Beschluss vom 5. Oktober 2009 - Az. L 1 SF 21/09). Landessozialgericht Rheinland-Pfalz)

 




 

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

IX ZB 60/06

vom

21. Dezember 2006

 

BGHZ: nein

BGHR: ja

 

ZPO § 44 Abs. 2, § 45 Abs. 1, § 526 Abs. 1

 

a) Ein Ablehnungsgrund ist gemäß § 44 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht, wenn hierfür

eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht. Ob der geltend gemachte

Grund angesichts gegenteiliger Darstellung des abgelehnten Richters und übriger

Prozessbeteiligter glaubhaft gemacht ist, unterliegt der freien Würdigung

durch das entscheidende Gericht.

b) Über ein Ablehnungsgesuch gegen den nach § 526 Abs. 1 ZPO zuständigen

Einzelrichter hat das Berufungsgericht in der Besetzung mit drei Mitgliedern ohne

Mitwirkung des abgelehnten Richters zu entscheiden.

BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 60/06 - KG Berlin

LG Berlin

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Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -

Zur fachgerichtlichen Selbstkorrektur bei Verstößen gegen das Recht auf rechtliches Gehör

Das Plenum des Bundesverfassungsgerichts hat den Gesetzgeber verpflichtet, den Rechtsschutz bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten auszubauen. Mit einer Mehrheit von zehn zu sechs Stimmen hat es beschlossen, dass es gegen das Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG verstößt, wenn eine Verfahrensordnung keine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für den Fall vorsieht, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Zugleich hat das Plenum die bei einer behaupteten Verletzung von Verfahrensgrundrechten praktizierten ungeschriebenen außerordentlichen Rechtsbehelfe beanstandet, weil sie gegen das rechtsstaatliche Gebot der Rechtsmittelklarheit verstoßen....

Lesen Sie die gesamte Pressemitteilung sowie das Urteil hier (PDF)

 




Arztfehler, Kind schwerst mehrfach behindert, kurzer Prozess! 
Wenn Gerichte in Deutschland nach § 522 ZPO entscheiden...

Zitat aus der Rede von Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz während 
der Debatte im Deutschen Bundestag am 05. März 2009:  
"...in dem Moment, in dem es darum geht, Beweise zu würdigen, 
ist völlig evident, dass nach § 522 Zivilprozessordnung gerade 
nicht entschieden werden darf. ..." 

Aufruf zur Unterstützung der betroffenen Familie:

Näheres auf der Website der Familie Holweg: www.522zpo.de