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Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlenbergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren [(mg/m3) x Jahre] |
Neuere wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, daß die chronische obstruktive Bronchitis oder das Lungenemphysem nach langjähriger Untertage-Tätigkeit im Steinkohlenbergbau auch ohne Vorhandensein von silikosetypischen radiologischen Veränderungen (vergleiche Nr. 4101) signifikant gehäuft vorkommen. Dabei besteht eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen eingeatmeter Staubmenge und dem Auftreten einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder eines Lungenemphysems. Aus einer Reihe epidemielogischer Untersuchungen ist ableitbar, daß bei dieser Personengruppe nach einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren [(mg/m3) x Jahrel *) gegenüber der übrigen Bevölkerung eine Risikoverdoppelung auftritt, an einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder einem Emphysem zu erkranken.
Die kumulative Feinstaubdosis errechnet sich aus den jeweiligen Feinstaubkonzentrationen
in der Luft am Arbeitsplatz in mg/m3 multipliziert mit der Anzahl
der Jahre, in welchen der Versicherte unter den üblichen Arbeitsbedingungen
(220 Schichten zu je 8 Stunden pro Jahr) unter Tage verbracht hat.
Entscheidend ist nicht nur die kritische Wertung von Anamnese und klinischem Befund, sondern vor allem die objektive Einschränkung der Lungenfunktion. Letztere ist ausschlaggebend für die Lebensqualität und die Lebenserwartung des Betroffenen.
Objektive Beurteilungskriterien für die Bronchialobstruktion sind wenigstens zeitweise eine gemessene Erhöhung des zentralen oder peripheren Atemwegswiderstandes oder eine erhebliche Verminderung des in der ersten Sekunde exspirierbaren Atemvolumens (Atemstoßtest). Die Bestimmung des Atemstoßtests, des maximal in 1 Sekunde ausatembaren Luftvolumens (FEV1 = ."forced exspiratory volume" in 1 Sekunde), und die maximale Strömungsgeschwindigkeit der Ausatemluft sind stark von der Mitarbeit des Probanden abhängig. Eine Verminderung des Atemspitzenflusses und ein vorzeitig rascher Abfall der Strömungsgeschwindigkeiten im Fluß-Volumen-Diagramm weisen eine überwiegend periphere Bronchialobstruktion nach. Als weitgehend mitarbeitsunabhängige Standardmethode gilt die Ganzkörperplethysmographie.
*) Der Begriff Feinstaub entspricht dem seit 1996 in der Europäischen Union neu eingeführten Begriff.
".alveolengängige Staubfraktion" (MAK- und BAT-Werte-Liste Kap. V, Aerosole 1996)
Das Lungenemphysem wird durch eine Erhöhung des intrapulmonalen
Residualvolumens und der Totalkapazität, röntgenologisch durch
abgeflachte Zwerchfellkuppen, breite Zwischenrippenräume und vermehrt
strahlentransparente Lungenfelder erkannt.Eine chronische obstruktive Bronchitis
mit einem Lungenemphysem (= obstruktive Atemwegserkrankung) kann in fortgeschrittenen
Fällen eine Überlastung der rechten Herzkammer (Cor pulmonale)
und eine respiratorische Insuffizienz mit vermindertem Sauerstoff- und
später auch erhöhtem Kohlensäuregehalt im arteriellen Blut
nach sich ziehen.
Hinzuweisen ist auch auf das mögliche Vorhandensein einer obstruktiven Atemwegserkrankung nach Einwirkung chemisch-irritativer, toxischer oder allergisierender Arbeitsstoffe (vergleiche Nr. 4302, 4301 und 1315). Wichtig ist auch der differentialdiagnostische Ausschluß eines Bronchialkarzinoms. Eine Silikose mit bronchopulmonalen Folgeerscheinungen (Bronchitis, Lungenemphysem) fällt unter Nr. 4101 oder4102.
Die Berechnungen der kumulativen Feinstaubdosis unter Tage erfolgt durch
den Unfallversicherungsträger.
Dennoch können uns Fehler unterlaufen sein, wofür wir Sie um Verzeihung bitten. Verbindlich ist nur der im Bundesarbeitsblatt veröffentlichte Wortlaut. |