Universität Rostock - Medizinische
Fakultät
Institut für Arbeitsmedizin
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Merkblatt zur BK Nr. 4102:
Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkolose)
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Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkolose)
Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 4102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung:
Bek. des BMA vom 5. Februar 1998 - IVa 4-45206-4101/4102
; Bundesarbeitsblatt 4/1998, S. 63
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Eine Siliko-Tuberkulose liegt vor, wenn neben einer Silikose (siehe Merkblatt
zu Nr. 4101) gleichzeitig eine aktive Lungentuberkulose nachgewiesen werden
kann.
Die aktive Siliko-Tuberkulose beruht häufig auf einer Exazerbation
alter Tuberkuloseherde, kann aber auch durch Neuinfektion einer silikotisch
veränderten Lunge auftreten. Das gehäufte Vorkommen einer aktiven
Lungentuberkulose bei an Silikose Erkrankten ist lange bekannt. Aufgrund der
wesentlich verbesserten arbeits- und seuchenhygienischen Maßnahmen ist
ein deutlicher Rückgang der Siliko-Tuberkulose zu verzeichnen. Neuere
Studien fanden 2,6% bzw.3% Tuberkulosen bei an Silikose Erkrankten im Verlauf
einer 10- bzw. 20jährigen Beobachtungsperiode (Sherson und Lander 1990,
Westerholm et al. 1986). In 7% der Obduktionen von Silikose-Patienten lag
eine aktive Lungentuberkulose vor (Hartung und Scong Moon 1992). Eine positive
Korrelation besteht zwischen dem Schweregrad der Silikose und der Tuberkulosehäufigkeit
(Hartung und Seong Moon 1992, Cowie 1994). Vorwiegend erkranken ältere
Silikosepatienten.
II. Pathophysiologie
Pathogenetisch werden für die Neuinfektion oder Aktivierung einer Tuberkulose
bei Silikose mechanische, biochemische und immunologische Faktoren verantwortlich
gemacht, wobei der veränderten bzw. gestörten Alveolarmakrophagenfunktion
eine zentrale Rolle zukommt (Balmes 1990). Die Makrophagen der Lunge können
sowohl von Quarz als auch von Tuberkelbakterien stimuliert werden. Auf dieser
zellulären Ebene ist daher die pathogenetische Verknüpfung beider
Ursachen und die Quelle der erhöhten Inzidenz von Tuberkulose bei Silikose
zu vermuten (Parkes 1994). So wird in Makrophagenkulturen das Wachstum von
Mykobacterium tuberculosis durch subtoxische Dosen von Quarz verstärkt.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Das durchschnittliche Lebensalter bei Feststellung einer aktiven Siliko-Tuberkulose
liegt in neueren Untersuchungen zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr (Reichel
1994). Der heute meist zu beobachtende chronische Verlauf unterscheidet sich
klinisch häufig kaum von dem eigentlichen Krankheitsbild der Silikose.
Hinweise geben eine rasch auftretende Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens,
Gewichtsverlust, Temperaturerhöhung, Verschlechterung der Atemsymptomatik
mit Husten, Auswurf und zunehmender Dyspnoe. Unter den Laboruntersuchungen
imponieren eine Beschleunigung der Blutsenkungsgeschwindigkeit sowie Veränderungen
des Bluteiweiß- und Blutzellbildes.
Einerseits können die Siliko-Tuberkuloseherde so eng benachbart sein,
daß sie röntgenologisch nicht voneinander zu trennen sind. Andererseits
können sich die tuberkulösen und silikotischen Veränderungen
auch örtlich unabhängig voneinander entwickeln.
Der Nachweis eines röntgenologischen Bildwandels infolge von meist
rasch entstehenden, unscharf begrenzten und relativ schnell sich verändernden
Lungenbefunden sichert zusammen mit dem Nachweis von Mycobacterium tuberculosis,
Typus humanus, im Sputum oder Magensaft die Diagnose.
IV. Weitere Hinweise
Die Siliko-Tuberkulose ist nicht eine von der Silikose unabhängige Berufskrankheit.
Sie liegt vor, wenn eindeutige silikotische Einlagerungen sowie der Nachweis
einer aktiven Tuberkulose bestehen. Da neben exogenen Einwirkungen auch eine
endogene Quelle der Tuberkelbakterien als Ursache der Erkrankung möglich
ist, kommt hier im Gegensatz zur BK-Nr. 3101 (Infektionskrankheiten) dem
Nachweis der Infektionsquelle keine Bedeutung zu. Pulmokardiale Funktionsausfälle
müssen nicht vorliegen. Nach Abheilung der Tuberkulose (inaktive Form)
sind alle kardiorespiratorischen Folgeerscheinungen der vorangegangenen Erkrankung
der BK-Nr. 4101 zuzuordnen, da mit dem Übergang in eine inaktive Form
die Voraussetzungen der BK-Nr. 4102 entfallen.
V. Literatur
- Balmer, J., 1990: Silica Exposure and Tuberculosis: An Old Problem
with a new twist JOM 32(2): 114-11.
- Cowie, R. L., 1994: The epidemiology of tuberculosis in gold miners
with silicosis Am J Respir Crit Care Med. 150: 1460-2.
- Hartung, W., Seong Moon. J., 1992: Das derzeitige Bild der Anthrako-
Silikose, ihrer Komplikationen und Kollisionen mit anderweitigen Erkrankungen
Pneumologie 46: 516-524.
- Parkes, W.R., 1994: Occupational Lung Disorders Butterworth - Heinemann,
Oxford, 1994.
- Reichel, G., 1994: Pneumokoniosen durch anorganische Stäube In:
Ferlinz, R. (Hrsg.): Pneumologie in Praxis und Klinik, Georg Thieme Verlag.
Stuttgart, New York,
- Sherson, D., Lander, F., 1990: Morbidity of pulmonary tuberculosis
among Silicotic and Nonsilicotic foundry workers in Denmark JOM 32(2): 110-113.
- Westerholm, P., Ahlmark, A. Maasing, R., Segelgerg, I., 1986: Silicosis
and risk of lung cancer or tuberculosis: a cohort study Environ Res. 41: 339-350.
Anhang zum Merkblatt Nr. 4102
Internationale Staublungen-Klassifikation (ILO) 1980/Deutsche Version/Schema
nach THÜRAUF (1997) - Vergleiche Anhang zum Merkblatt Nr. 4101
Wir haben das Merkblatt
für Sie abgeschrieben und versucht, den Originalwortlaut ganz genau zu
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im Bundesarbeitsblatt veröffentlichte Wortlaut.
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© E.Münzberger
- Letzte Überarbeitung:
20.4.1999
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