I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Kohlenoxyd (-oxid, -monoxid, CO) ist ein farb-, geruch- und geschmackloses
Gas ohne Reizwirkung von etwa gleichem spezifischem Gewicht wie die Luft.
Es entsteht bei unvollständiger, d. h. unter ungenügender O2-Zufuhr
stattfindender Verbrennung kohlenstoffhaltiger Verbindungen.
CO vermischt sich leicht mit Raumluft und kann festes Material, wie
Erdreich und Mauerwerk, unbemerkbar durchdringen.
CO ist im sog. Leuchtgas (Stadtgas) je nach Ausgangsmaterial in einem
Anteil von meist 8 bis 14%, im entgifteten Stadtgas von etwa 1 %, im Abgas
der Ottomotoren von etwa 3% (im Leerlauf von etwa 10%), im Abgas von Dieselmotoren
von etwa bis 0,5%, im Hochofengas von etwa 20 bis 30%, im Generatorgas
und Wassergas von etwa 30 bis 50% enthalten. Auch in Brandgasen und in
Explosionsschwaden können sehr hohe Konzentrationen auftreten.
Gefahrenquellen sind insbesondere Arbeiten an defekten oder fehlerhaft
betriebenen Heizanlagen, an offenen Feuerstellen (z. B. Koksöfen),
an defekten Gasleitungen, bei Bränden und Explosionen - hauptsächlich
in geschlossenen Räumen, Tunneln und Untertagebetrieben - sowie an
laufenden Ottomotoren in abzugsbehinderten Räumen ("Garagentod").
Auch Arbeiten in Eisenhüttenwerken, Gießereien u. ä.,
in Gaswerken, Generatorenanlagen und sonstigen Anlagen, die mit CO-haltigen
Gasen betrieben werden, können eine Gefahrenquelle sein.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
CO gelangt ausschließlich über die Atemwege in den Blutkreislauf.
Da das Bindungsvermögen des CO an Hämoglobin (Hb) etwa 200mal
größer ist als das des Sauerstoff (O2), kommt es
zu einer Sauerstoffverarmung im Organismus. Höhe der Konzentration
in der Atemluft, Intensität der Atmung und Einwirkungsdauer des CO
bestimmen den Grad der O2-Verarmung im Organismus, die letztlich
zur inneren Erstickung führen kann. Eine lang andauernde Einwirkung
kleinerer CO-Dosen kann gesundheitsschädigender sein als eine kurze
Einwirkung höherer CO-Dosen. Besonders betroffen werden die für
O2-Mangel empfindlichen Gewebe, wie Gehirn, Herz, Leber und
Nebenniere. Daneben kommt es zu schweren Kreislaufstörungen, wie vermehrter
Durchlässigkeit der Gefäße, Gefäßlähmungen
und Verlangsamung der Blutzirkulation.
Schon 0,1 Vol.-% CO in der Atemluft kann ein schweres Vergiftungsbild
hervorrufen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
a) Die Einwirkung besonders hoher CO-Dosen, die zu Kohlenoxidhämoglobin
(COHB) von 50% und mehr führt, verursacht in kürzester Zeit Bewußtseinsverlust,
Dyspnoe und Krämpfe; der Tod kann sehr rasch eintreten.
b) Die Einwirkung von CO-Dosen, die zu einem COHb-Gehalt von etwa 20
bis 50% führen, verursachen Kopfschmerzen, Schwindel, Brechreiz, Benommenheit,
Ohrensausen, Herzklopfen sowie evtl. Versagen der Muskelkraft und des zentralen
Antriebs, etwa beim Versuch sich zu retten; Erregungszustände, Krämpfe
und Ohnmachtsanfälle können vorkommen. Der Puls ist beschleunigt,
die Atmung vertieft und unregelmäßig, die Gesichtsfarbe bisweilen
hellrot, gelegentlich leicht cyanotisch. Tödlich Atemlähmung
oder Herzversagen infolge Schädigung lebenswichtiger Zentren bzw.
des Herzmuskels sowie Stunden oder Tage anhaltende Bewußtlosigkeit
mit ihren Folgen, wie z. B. die Schluckpneumonie, sind bei Aufnahme höherer
CO-Mengen möglich. Auch Gefühls- und Bewegungsstörungen
können vorkommen.
Nach kurz dauernder, auch schwerer Vergiftung ist bei geeigneten Maßnahmen
meist eine rasche Gesundung zu erwarten.
Folgezustände und Spätschäden werden fast ausschließlich
nach längerer CO-Einwirkung beobachtet. Hierbei zeigen sich nervöse
und psychische Störungen sowie funktionelle und organische Herz- und
Gefäßveränderungen. Störungen der Verdauungsorgane
und der Organe mit innerer Sekretion können vorkommen. Auch an Morbus
Parkinson erinnernde Krankheitsbilder, Erblindungen, akute delirante Zustände
und cerebrale Ausfallserscheinungen, wie Herabsetzung des Antriebs, der
Merkfähigkeit und des sprachlichen Ausdrucksvermögens, wurden
beobachtet.
Polyneuritis, Epilepsie, Bluthochdruck und Arteriosklerose sind in der
Regel keine Spätschäden nach CO-Einwirkung.
c) Eine sog. chronische CO-Erkrankung ("Intoxikation lente") kann durch
über längere Zeiträume eingeatmete kleinere CO-Mengen, die
bei einmaliger Einwirkung keine subjektiv wahrnehmbaren Schäden und
Folgeerscheinungen hervorrufen, entstehen. Eigentlich handelt es sich hierbei
um eine subakute Vergiftung infolge wiederholter leichter "Angiftung".
Klagen über Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen,
Reizbarkeit u. ä. können hierfür ein Hinweis sein. Die Prognose
der chronischen Erkrankung ist bei Wegfall der Exposition im allgemeinen
günstig.
IV. Hinweise für die ärztliche Beurteilung
Hinweise für eine CO-Erkrankung, deren Symptome abgesehen von denen
der akuten Form - vielfach uncharakteristisch und vielseitig sind, ergeben
sich insbesondere auch aus eingehender Arbeitsanamnese und Kenntnis des
Arbeitsplatzes (CO-Gehalt der Luft im Arbeitsraum). Häufig treten
gleichzeitig an einem exponierten Arbeitsplatz bei mehreren Personen ähnliche
Krankheitszeichen auf.
Der quantitative CO-Nachweis im Blut kann besonders wichtig sein. Deshalb
ist möglichst rasch nach der Exposition eine Blutabnahme mittels Venüle,
die einen gerinnungshemmenden Zusatz erhält, vorzunehmen.
Zur raschen Orientierung kann es dienlich sein, in ein mit Wasser gefälltes
Reagenzglas einen Tropfen Blut des Erkrankten und in ein zweites mit Wasser
gefülltes Reagenzglas einen Tropfen Blut einer nicht der CO-Einwirkung
ausgesetzten Person hinzuzugeben. Während normalerweise im zweiten
Reagenzglas eine gelbliche Färbung eintritt, ist diese im ersten Fall
bei einem COHb-Gehalt des Blutes ab 25% rosa.
Der negative Ausfall einer Blutprobenuntersuchung auf CO ist u. U. kein
Beweis gegen das Vorliegen einer akuten
CO-Erkrankung, insbesondere dann nicht, wenn das Blut mehrere Stunden
nach Einwirkung entnommen wurde, da in dieser Zeit der COHb-Spiegel, besonders
unter Sauerstoffatmung, weitgehend abgesunken ist.
Für die Beurteilung der sog. chronischen CO-Erkrankung sind wiederholt
in dafür eingerichteten Untersuchungsstellen genaue quantitative Bestimmungen
des COHB im Blut vorzunehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß
ggf. durch außerberuflich bedingten Aufenthalt in CO-haltiger Luft
oder z. B. infolge starken Rauchens von Tabak bereits 5 bis 10% und mehr
COHB im Blut nachweisbar sein können.
Wiederholte EKG-Untersuchungen und die Festlegung neurologischer Befunde
sind zusammen mit anderen klinischen Befunden für die ärztliche
Beurteilung bedeutsam, da manche organische Veränderungen auch erst
nach einer gewissen Latenzzeit manifest werden können.
Funktionsstörungen am Herzen treten meistens unmittelbar (innerhalb
der ersten Tage) nach der Vergiftung auf.
Konstitution, allgemeiner Gesundheitszustand und Lebensalter sind evtl.
für den Ablauf der Erkrankung von wesentlicher Bedeutung.
Diganosestellung und Beurteilung des Krankheitsbildes können durch
die gleichzeitige Einwirkung anderer Gase, z. B. bei Bränden, erschwert
sein.
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© E.Münzberger
Letzte Überarbeitung: 1.3.1999