Universität Rostock - Medizinische Fakultät
Institut für Arbeitsmedizin
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  Merkblatt zur BK Nr. 1108: Erkrankungen durch Arsen oder seine Verbindungen 
 
 

Erkrankungen durch Arsen oder seine Verbindungen
Merkblatt zu BK Nr. 2 der Anl. 1 zur 7. BKVO
(Bek. des BMA v. 19. 5. 1964, BArbB1 Fachteil Arbeitsschutz 1964, 125f)

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Arsen (As) kommt in verschiedenen Mineralien, wie Arsenkies (FeAsS), und als Begleiter anderer Mineralien, wie Zinkblende oder Eisenkies (Schwefelkies), zuweilen gediegen als Scherbenkobalt vor.

Arsen ist in seinen Verbindungen drei- oder fünfwertig. Bedeutsame Verbindungen des dreiwertigen As sind Arsentrioxyd (Arsenik - As2O3 -) und die arsenige Säure (H3AsO3) mit ihren Salzen (Arsenite), des fünfwertigen As die Arsensäure (H3AsO4) und deren Salze, die Arsenate (Arseniate).

Reines elementares Arsen bewirkt keine Gesundheitsschädigung, jedoch oxydiert es leicht an der Luft und bei Kontakt mit Schweiß oder Speichel.

Alle - auch die organischen - Verbindungen des As sind gesundheitsgefährdend, ausgenommen die Arsensulfide (z. B. Realgar, Auripigment), sofern diese nicht mit anderen Arsenverbindungen verunreinigt sind.

Gefahrenquellen sind u. a. Verhüttung und Rösten arsenhaltiger Mineralien, Herstellung von Arsenik, arsenhaltigen Farben und Anstrichmitteln (Schiffsbodenanstrich), Verwendung arsenhaltiger Ausgangsstoffe in der Pharmazie, in der chemischen, keramischen und Glasindustrie. Dies gilt auch für Gerbereien, Kürschnereien (Beizmittel), zoologische Handlungen und für die vereinzelt noch in der Bundesrepublik Deutschland vorkommende Herstellung und Verwendung arsenhaltiger Schädlingsbekämpfungsmittel. Arsenwasserstoff (Arsin AsH3) ist in reinem Zustand ein farb- und geruchloses, brennbares, sehr giftiges Gas, das sich bei Einwirkung von Wasser oder Säuren auf Arsenide (wie Zink-, Calciumarsenid) oder von Wasserstoff in statu nascendi auf Arsenverbindungen bilden kann. AsH3, riecht infolge Verunreinigung oft wie Knoblauch.

AsH3, tritt beim Beizen von Metallen mit arsenhaltiger Schwefel- oder Salzsäure und bei Naßbearbeitung von Erzen, Schlacken oder Metallspeisen auf. Auch bei Einwirken von Feuchtigkeit auf Ferrosilicium, das mit As und Phosphiden verunreinigt ist, kann Arsenwasserstoff neben Phosphorwasserstoff entstehen.

Arsentrichlorid (AsCl3) ist eine farblose, ölige, an der Luft rauchende Flüssigkeit, die zum Beizen und Brünieren von Metallen verwendet wird.

II. Aufnahme und Wirkungsweise

As und seine Verbindungen werden hauptsächlich in Form von Staub, Dampf oder Gas über die Atemwege, aber auch über den Magen-Darm-Trakt und u. U. durch die Haut auf genommen.

Die Ausscheidung geschieht in Harn, Stuhl, Schweiß und über die Lunge; in Leber, Nieren, Knochen, Haut, Haaren und Nägeln kann eine Anreicherung stattfinden.

Arsenverbindungen bewirken im Organismus eine Störung enzymatischer Prozesse. Es kommt zu Kapillarlähmungen, zu Schäden im Blut und in der Blutbildung (Mitosegift), zu fettiger Degeneration, Gewebsmetaplasie, Gewebszerstörungen und zu Veränderungen im Zentralnervensystem.

Arsenwasserstoff wird ausschließlich über die Atemwege aufgenommen. Dies führt zu einer Methämoglobinbildung (Hämiglobin) und Hämolyse, was sich insbesondere in Zentralnervensvstem, Leber und Nieren auswirkt.

Arsentrichlorid ist vorwiegend ein Ätzgift.

III. Krankheitsbild und Diagnose

1. Bei Arsenverbindungen, ausgenommen AsH3 und AsCl3:

Die akute Erkrankung kommt beruflich bedingt selten vor. Über die Atemwege aufgenommen, treten zunächst Hustenreiz, Atemnot und Brustschmerzen auf. Je nachdem, ob Durchfälle, Kopfschmerzen, Verwirrtheitszustände, Krampfanfälle oder Bewußtlosigkeit vorherrschend sind, kann man von einer gastroitestinalen, cerebrospinalen oder paralytischen Form der Erkrankung sprechen. Herzschwäche und Kreislaufkollaps sind möglich.

Die chronische Erkrankung äußert sich in:

Selten, aber charakteristisch sind sehr schmerzhafte periphere Neuritiden, wobei sowohl sensible als auch motorische Nervenfasern betroffen sein können. Zentralnervöse Störungen, in schweren Fällen Paresen, schlaffe Lähmungen sowie Herz- und periphere Kreislauffunktionsstörungen mit Marmorierung der Haut, Akrocyanose bis zur Gangrän können vorkommen. Leberparenchymschäden wurden vereinzelt beobachtet.

Das Blutbild kann im Sinne einer hypo- oder hyperchromen Anämie und Lymphopenie verändert sein. Fälle mit Carcinomen, insbesondere an Atmungsorganen, Leber und Haut, wurden beschrieben.

2. Bei Arsenwasserstoff (AsH3):

Die akute Einwirkung geringerer Dosen kann zu Kopfschmerzen, Übelkeit, Brechreiz, Leibschmerzen und blutiger Verfärbung des Urins führen. Wenige Tage später können hämolytischer Ikterus, Neuralgien und Parästhesien auftreten.

Die Einwirkung höherer Dosen verursacht Atemnot, Blausucht sowie Entleerung roten bis schwarz gefärbten Urins, der Oxyhämoglobin und Methämoglobin (Hämiglobin) enthält. Durch Verstopfung der Nierenkanälchen mit Hämoglobinschollen kann es zu Oligurie und schließlich Urämie kommen. In schweren Fällen können Methämoglobinbildung und Hämolyse rasch einsetzen und Sauerstoffmangelzustände mit oft tödlichem Ausgang bewirken. Wird die bedrohliche Situation überwunden, so kann es zu Leberschwellung mit starkem Ikterus und schwerer Anämie kommen. Nierenfunktions- und neuritische Störungen können längere Zeit Folgeerscheinungen der Erkrankung sein.

3. Arsentrichlorid (AsCL3):

AsC13 und manche organische As-Verbindungen wirken überwiegend lokal ätzend auf Haut und Schleimhäute. Dermatitiden und Hautulcera, Konjunktivitiden, Chemosis, Hornhaut-Ulzera sowie heftige Bronchitiden wurden beobachtet.

IV. Hinweise für die ärztliche Beurteilung

Bei der akuten Form der Erkrankung ist das Ergebnis chemischer Untersuchungen auf Arsen in Urin, Stuhl und evtl. Erbrochenem, bei der chronischen Form in Haar und Nägeln von besonderer Bedeutung.

Gefäßerkrankungen, Tumore und Leberparenchymschäden können im allgemeinen nur dann als Folgeerkrankungen in Betracht gezogen werden, wenn langzeitige Exposition stattgefunden hat oder andere typische Krankheitszeichen, wie Hyperkeratosen und Melanose, vorgelegen haben. Die Latenzzeit kann u. U. Jahrzehnte dauern.
 
 

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© E.Münzberger 
Letzte Überarbeitung: 1.3.1999