abeKra aktuell

 ]

Aus dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vom 11. November 2005:

Runter mit den Leistungen aus der GUV – weg mit Versichertenrechten und dem Sozialstaatsprinzip?

 

"(..)

2. Moderne Unfallversicherung

Die Globalisierung und der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft wirken sich zunehmend auf die gesetzliche Unfallversicherung aus. Wir werden den Auftrag des Deutschen Bundestages aus der letzten Legislaturperiode aufgreifen und in einer Bund-Länder-Arbeits­grup­pe ein Konzept für eine Reform der Unfallversicherung entwickeln, um das System auf Dauer zukunftssicher zu machen. Wesentliche Ziele sind eine Straffung der Organisation, die Schaffung leistungsfähiger Unfallversicherungsträger und ein zielgenaueres Leistungsrecht. Ein Gesetzentwurf soll den gesetzgebenden Körperschaften bis zur Mitte der Legislaturperiode vorgelegt wer­den.

(..)

2.4 Eine moderne Justiz für Rechtsstaatlichkeit und Bürgernähe

Die Koalition wird die hohe Qualität, die Leistungsstärke und die gesamtgesellschaftliche Stabilisierungsfunktion der bundesdeutschen Justiz auch mittel- und langfristig gewährleisten. Mit dem demographischen Wandel, mit wirtschaftlichen Umbrüchen und damit einhergehenden Spar­zwängen der öffentlichen Haushalte, mit der zunehmenden Komplexität des materiellen Rechts unter Einbeziehung zunehmender europarechtlicher Regelungen und mit einem Zuwachs an Verfahren kommen auch auf die Justiz große Herausforderungen zu.

Das bundesdeutsche Rechtssystem und namentlich die Verfahrensordnungen[1] sind auf diese Herausforderungen nicht optimal vorbereitet. Das bestehende Rechtsschutzsystem ist kompliziert, schwer zu handhaben und selbst für Rechtskundige gelegentlich nur mit Mühe zu überschauen.

Die Koalitionspartner werden unter Einbeziehung aller Vorschläge der Justizministerkonferenz und der Vorarbeiten des Bundesministeriums der Justiz zur Großen Justizreform ein Gesamtkonzept für eine nachhaltige Sicherung der Leistungs- und Zukunftsfähigkeit der Justiz bei voller Wahrung rechtsstaatlicher Standards erstellen. Die organisatorischen, institutionellen und verfahrensrechtlichen Strukturen wollen wir straffen und überschaubarer machen, das Gerichtsverfassungs- und Verfahrensrecht vereinheitlichen und vereinfachen sowie die Änderung der Streitkultur befördern. (...)

Mit einer Reform der Rechtsberatung werden wir weiter die Qualität der anwaltlichen Beratung sichern. Wir schützen die Verbraucherinnen und Verbraucher vor unqualifiziertem Rechtsrat.

(..)"

Um verstehen zu können, was diese Passagen in der Koalitionsvereinbarung bedeuten und welche Auswirkungen sie haben werden, lesen Sie bitte folgende Bundestags- und Bundesrats-Druck­sachen. Sie betreffen die Änderung des Leistungsrechts in der gesetzlichen Unfallversicherung und einschneidende Änderungen im Sozialgerichtsgesetz – so wie von den CDU-/CSU-regierten Bundesländer im Mai 2003 und im Januar 2005 im Bundesrat gefordert. 

 

1.      Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des siebten Sozialgesetzbuches (SGB VII) und des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), Drucksache (Drs.) 15/812 vom 8.April 2003                                        bitte klicken Sie hier

2.      Deutscher Bundestag, 15. Wahlperiode, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch und des Sozialgerichtsgesetzes, Drs. 15/1070 vom 28.Mai 2003, darin Anlage 2, Stellungnahme des Bundesrates vom 23. Mai 2003 mit Vorschlägen zu empfindlichen Kürzungen der Entschädigungen in der gesetzlichen Unfallversicherung, sowie die Gegenäußerung der Bundesregierung, Anlage 3                                                                                        bitte klicken Sie hier

3.      Bundesrat, Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, Drs. 34/05 vom 18.Januar 2005        bitte klicken Sie hier

 

Geplant sind ferner empfindliche Beschneidungen des Rechts auf Prozesskostenhilfe. Der Gesetzesentwurf liegt bereits in der Schublade, im Wesentlichen erarbeitet vom Justizministerium der Baden-Württembergischen Landesregierung.    

 

Wichtig sind ferner die folgenden Passagen aus dem Koalitionsvertrag zur gesetzlichen Rente und Gesundheitsversorgung:

1. Rente

Die gesetzliche Rentenversicherung ist und bleibt auch in Zukunft die wichtigste Säule der Altersversorgung. Zur Sicherung des Lebensstandards im Alter ist eine Ergänzung durch betriebliche und private Altersvorsorge unerlässlich. Die steigende Lebenserwartung und der damit verbundene demografische Wandel sind große Herausforderungen für unser Alterssicherungssystem. Die aktuelle Beschäftigungssituation auf dem Arbeitsmarkt führt zu erheblichen Beitragsausfällen in den sozialen Sicherungssystemen. Mit den bereits beschlossenen Rentenreformen sind für die nachhaltige Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rente die grundsätzlichen Antworten gegeben worden. Die mit dem längeren Rentenbezug verbundenen Mehrausgaben in der Rentenversicherung gilt es, in einem ausgewogenen Verhältnis von Jung und Alt, von den Rentnern und Rentnerinnen sowie von Beitrags- und Steuerzahlern und -zahlerinnen gemeinsam zu tragen. Diese Orientierung wird bei den notwendigen rentenpolitischen Entscheidungen ergänzt durch die Prinzipien der Demografiebeständigkeit, der Generationengerechtigkeit und der Chancen der Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt.

Entscheidend für die nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung ist der Abbau der Arbeitslosigkeit und der Aufbau neuer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Es gilt daher, Beitragssatzstabilität sowie den gesetzlich festgelegten Rahmen für die Entwicklung der Beitragssätze, des gesetzlich vorgegebenen Rentenniveaus sowie des gesetzlichen Sicherungsniveauzieles einzuhalten. Aber es darf keine Rentenkürzungen geben.

Die aktuelle schwache Lohn- und Gehaltsentwicklung führt dazu, dass die in der Rentenanpassungsformel enthaltenen Dämpfungsfaktoren zur Erreichung dieser Ziele nicht vollständig wirken können. Zur Einhaltung der genannten Beitragssatz- Sicherungsziele ist es jedoch notwendig, nicht realisierte Dämpfungen von Rentenanpassungen nachzuholen.

Die steigende Lebenserwartung geht mit einem längeren Rentenbezug einher. Dies führt zu einer Veränderung des Verhältnisses von aktiver Erwerbsphase und Rentenlaufzeit. Zur langfristigen Stabilisierung und Einhaltung der genannten Ziele ist daher neben den bisherigen, erfolgreichen und fortzusetzenden Maßnahmen zur Erhöhung des faktischen Renteneintrittsalters eine schrittweise, langfristige Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters erforderlich. Dabei wird sichergestellt, dass Versicherte, die mindestens 45 Pflichtbeitragsjahre aus Beschäftigung, Kindererziehung und Pflege erreicht haben, weiter mit 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können.

Wir werden im Jahr 2007 die gesetzlichen Regelungen für eine 2012 beginnende Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre treffen. Sie soll in Abhängigkeit vom Geburtsjahrgang schrittweise erfolgen und vollständig für den ersten Jahrgang bis spätestens 2035 abgeschlossen sein.

Dies gibt sowohl den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch den Unternehmen Planungssicherheit.

Die Anhebung der Altersgrenze setzt eine nachhaltige Verbesserung der Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer voraus. Wir werden daher den rechtlichen Rahmen für eine Erhöhung der Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessern und weitergehende Aktivitäten hierzu einleiten.

Zu Beginn des nächsten Jahrzehnts wird der Gesetzgeber darüber zu befinden haben, ob die Anhebung der Regelaltersgrenze unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage sowie der wirtschaftlichen und sozialen Situation älterer Arbeitnehmer vertretbar ist und die getroffenen gesetzlichen Regelungen bestehen bleiben können.

Die zusätzliche Altersvorsorge muss künftig einen noch höheren Stellenwert erhalten um den im Berufsleben erreichten Lebensstandard auch im Alter aufrechterhalten zu können. Hierfür steht ein umfangreiches Instrumentarium mit steuerlichen Elementen und Zulagen zur Verfügung. Um die Förderung von Familien mit Kindern zu verbessern wird die Kinderzulage für die ab 1.1.2008 geborenen Kinder von dann 185 Euro auf 300 Euro jährlich erhöht

Im Jahr 2007 wird geprüft, welchen Verbreitungsgrad die betriebliche und private Altersvorsorge erreicht hat und wie die weitere Entwicklung des Ausbaus einzuschätzen ist. Wenn sich zeigt, dass durch die Förderung mit den bisherigen Instrumenten eine ausreichende Verbreitung der zusätzlichen Altersvorsorge nicht erreicht werden kann, ist über geeignete weitere Maßnahmen zu entscheiden.

Ebenso wie die sozialen Sicherungssysteme wollen wir auch die Beamtenversorgung langfristig sichern. Wir werden daher Maßnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Berücksichtigung der Unterschiedlichkeit der Systeme wirkungsgleich in das Versorgungsrecht der Beamten übertragen.

Deutschland hat ein modernes und leistungsfähiges Gesundheitswesen, das den Bürgerinnen und Bürgern Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung und zugleich rund 4,2 Millionen Beschäftigten und Selbständigen Arbeitsplätze bietet. Das Gesundheitswesen ist eine dynamische Wirtschaftsbranche mit Innovationskraft

und erheblicher ökonomischer Bedeutung für den Standort Deutschland. Angesichts großer Herausforderungen, insbesondere des demografischen Wandels und des medizinischen und medizinisch-technischen Fortschritts, muss das Gesundheitswesen jedoch ständig weiterentwickelt werden. Dabei ist unser Leitbild die Sicherung eines leistungsfähigen und demografiefesten Gesundheitswesens mit einer qualitativ hoch stehenden Versorgung für die Patientinnen und Patienten sowie die Gewährleistung einer solidarischen und bedarfsgerechten Finanzierung.

7.1 Allgemeine Fragen der Gesundheitspolitik

Gesundheitsstandort Deutschland

Die Standortbedingungen und die Innovationsmöglichkeiten der Pharmaindustrie in Deutschland werden gestärkt. Die Arbeit der Task Force "Pharma" mit den Schwer- punkten wie Verbesserung des Zulassungssystems in Deutschland, Stärkung der klinischen Forschung und Förderung der Rahmenbedingungen der Biotechnologie in Deutschland wird unter Berücksichtigung der Belange der mittelständischen Pharmaindustrie fortgeführt.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte soll in eine moderne Deutsche Arzneimittel- und Medizinprodukteagentur umgebaut und damit eine international konkurrenzfähige Zulassungsagentur werden. Hierfür werden wir zügig den Gesetzentwurf einbringen.

Vor dem Hintergrund der älter werdenden Gesellschaft ist ein Leuchtturmprojekt "Konzertierte Aktion Demenz-Behandlung" notwendig. Wir werden die entsprechenden Kooperationen mit den betroffenen Partnern aufnehmen.

Prävention, Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation

Die Prävention wird zu einer eigenständigen Säule der gesundheitlichen Versorgung ausgebaut. Mit einem Präventionsgesetz soll die Kooperation und Koordination der Prävention sowie die Qualität der Maßnahmen der Sozialversicherungsträger und –zweige übergreifend und unbürokratisch verbessert werden. Hierzu sind die Aktionen an Präventionszielen auszurichten. Bund und Länder müssen ergänzend zu den Sozialversicherungsträgern weiterhin ihrer Verantwortung gerecht werden.

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist ein Gesamtkonzept der Betreuung und Versorgung pflegebedürftiger, behinderter und alter Menschen notwendig. Leistungen müssen darauf ausgerichtet sein, Behinderungen, chronischen Erkrankungen und Pflegebedürftigkeit entgegen zu wirken. Der medizinischen Rehabilitation kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Deshalb muss insbesondere der Grundsatz "Prävention und Rehabilitation vor Pflege" gestärkt werden. Pflegebedürftigkeit darf nicht dazu führen, dass erforderliche Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Teilhabe nicht erbracht werden.

Wir wollen die großen Volkskrankheiten wie Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen zurückdrängen. Hierfür werden wir die vorhandenen Erfassungssysteme optimieren, vernetzen und im Bedarfsfall ergänzen, um bundesweit valide Datenerhebungen zu gewährleisten.

Die Risikoerkennung und -bewertung von Arzneimitteln nach deren Markteinführung wird durch den Aufbau eines Netzes nationaler Pharmakovigilanzzentren verbessert.

Patientenrechte

Den begonnenen Weg zu einer stärkeren Patientenpartizipation setzen wir mit dem Ziel fort, die Informations- und Beteiligungsrechte der Patientinnen und Patienten auszubauen und die Transparenz zu erhöhen. Die Rechtssicherheit von Patientenverfügungen wird gestärkt.

Biomedizin

Genetische Untersuchungen bei Menschen werden in den Bereichen gesetzlich geregelt, die angesichts der Erkenntnismöglichkeiten der Humangenetik einen besonderen Schutzstandard erfordern, um die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Durch diese gesetzliche Regelung soll zugleich die Qualität der genetischen Diagnostik gewährleistet werden.

Infektionsschutz

Die gesundheitspolitische Schlüsselstellung des Robert Koch-Instituts insbesondere im Hinblick auf die wachsenden potentiell erheblichen Gesundheitsgefährdungen der Bevölkerung (zum Beispiel SARS, Gefahr einer Influenza-Pandemie) soll ausgebaut und institutionell gefördert werden.

Angesichts des weltweit dramatischen Anstiegs der HIV-Neuinfektionen und AIDS- Erkrankungen sowie der auch in Deutschland deutlichen Zunahme an HIV- Infektionen müssen die Bekämpfungsmaßnahmen und Aufklärungskampagnen effektiv auf Veränderungen im Schutzverhalten der Bevölkerung und internationale Entwicklungen reagieren. Die im Juli 2005 beschlossene HIV/AIDS- Bekämpfungsstrategie wird in einem gemeinsam mit den Ländern, Kommunen und Verbänden zu entwickelnden Aktionsplan umgesetzt.

Drogen- und Suchtpolitik[2]

Die Drogen- und Suchtpolitik steht weiterhin auf den vier bewährten Säulen Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression. Grundlage ist der geltende Aktionsplan Drogen und Sucht. Die in der EU-Drogenstrategie 2005-2012 niedergelegten Vorgaben zur Angebots- und Nachfragereduzierung werden konsequent umgesetzt.

7.2 Krankenversicherung

7.2.1 Sicherung einer nachhaltigen und gerechten Finanzierung

Die hohe Qualität unseres Gesundheitswesens ist international anerkannt und muss im Interesse aller, die auf seine Leistungsfähigkeit angewiesen sind, erhalten bleiben. Mit über 4 Millionen Arbeitsplätzen ist das Gesundheitswesen der größte Beschäftigungszweig in Deutschland. Auch dies ist von großer politischer Bedeutung.

Eine hochwertige medizinische Versorgung für jedermann hat bereits heute ihren Preis. Hinzu kommen weiter steigende Kosten durch den medizinischen Fortschritt und die demographische Entwicklung.

Dieser Herausforderung kann unser Gesundheitswesen nur dann gerecht werden, wenn seine Finanzierungsbasis durch wirtschaftliches Wachstum und insbesondere den Erhalt und die Schaffung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen gestärkt wird.

Um den Kostendruck zu bewältigen, bedarf es aber auch einer Modernisierung des Gesundheitssystems. Die Effizienz des Systems ist durch eine wettbewerbliche Ausrichtung zu verbessern.

Darüber hinaus sieht die Koalition eine ihrer großen Herausforderungen darin, die dauerhafte Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitswesens durch stabile Finanzstrukturen zu sichern. Die Parteien haben hierzu unterschiedliche Konzepte entwickelt, die „Solidarische Gesundheitsprämie“ (CDU und CSU) und die „Bürgerversicherung“ (SPD), die sich nicht ohne weiteres miteinander vereinbaren lassen. Wir wollen für diese Frage im Laufe des Jahres 2006 gemeinsam eine Lösung entwickeln. Erforderlich ist ein Konzept, das dauerhaft die Grundlage für ein leistungsfähiges, solidarisches und demografiefestes Gesundheitswesen sichert. Wir werden dabei Erfahrungen anderer Länder und wissenschaftliche Konzepte vorurteilsfrei prüfen. Ein fairer Wettbewerb zwischen privaten Krankenversicherungen und gesetzlichen Krankenkassen muss auf den Erhalt eines pluralen Systems und der Kassenvielfalt zielen. Die freie Arzt- und Kassenwahl bleibt erhalten.

Eine wachsende Zahl von Bürgerinnen und Bürgern ist heute ohne Versicherungsschutz. Ein moderner Sozialstaat muss sicherstellen, dass niemand ohne Versicherungsschutz bleibt und solchen Versicherten, die den Schutz verloren haben, eine Rückkehrmöglichkeit zur jeweiligen Versicherung angeboten wird.

Um Wahlmöglichkeiten der Versicherten auszuweiten und den Wettbewerb innerhalb der PKV zu stärken, sollen die individuellen Altersrückstellungen bei Wechsel zwischen privaten Versicherungen übertragen werden können. Darüber hinaus soll geprüft werden, ob und wie eine Übertragung der Altersrückstellungen auch bei Versicherten erfolgen kann, die von einer privaten zu einer gesetzlichen Krankenversicherung wechseln.

7.2.2 Wettbewerbliche und freiheitliche Ausrichtung des Gesundheitswesens

Das parteiübergreifend vereinbarte GKV-Modernisierungsgesetz hat spürbare strukturelle Änderungen in der Gesundheitsversorgung über wettbewerbliche Anreize gebracht. Dieser Weg muss konsequent weitergegangen werden. Dies betrifft sowohl die Krankenversicherung als auch die Leistungserbringung. Die Zielsetzungen des GMG, insbesondere

-    die Erweiterung der Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten der Versicherten,

-         die Intensivierung des Wettbewerbs um Qualität und Wirtschaftlichkeit,

-         die Erhöhung der Transparenz über Angebote, Leistungen und Abrechnung,

-         die Verminderung des bürokratischen Aufwands,

müssen stringenter verfolgt werden. Bei einer wettbewerblichen Orientierung der gesetzlichen Krankenversicherung müssen alle Teilnehmer grundsätzlich gleichen Rahmenbedingungen unterliegen.

Kassenartenübergreifende Fusionen sollen ermöglicht werden, mit dem Ziel die Effizienz der Kassenorganisation zu erhöhen. Voraussetzungen hierfür sind eine Verschärfung und Präzisierung des Haftungsrechts und die Vermeidung marktbeherrschender Stellung. Funktion und Organisation der Steuerung auf Verbandsebene und in der gemeinsamen Selbstverwaltung sind neu zu ordnen, damit Entscheidungen schneller, transparenter und zuverlässiger ausfallen. Mit der Neuordnung der Organisation müssen die bestehenden Aufsichtsbefugnisse von Bund und Ländern angepasst werden.

Zwingende Voraussetzung einer stärker wettbewerblichen Orientierung der Krankenversicherung ist die Vereinfachung und Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs, so dass die Zielgenauigkeit erhöht und die Morbiditätsrisiken besser abgebildet werden. Geeignete Kriterien dazu werden gemeinsam entwickelt. Hierzu ist eine ausreichende Datenbasis zu schaffen. Die bisher vorgelegten Vorschläge zur Berücksichtigung der Morbiditätsrisiken werden gemeinsam überprüft.

Der Bereich der Gesundheitsversorgung soll durch die Schaffung flexiblerer Rahmenbedingungen konsequent wettbewerblich ausgerichtet werden. Krankenkassen und Leistungserbringer sollen stärker über Umfang, Preise und Qualität verhandeln können, ohne dass der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen ausgehöhlt wird.

7.2.3 Strukturelle Reform der einzelnen Leistungsbereiche

Ärztliche Versorgung 4348

Nicht nur in den ländlichen Gebieten der neuen Länder ist absehbar, dass es in Folge des Ärztemangels zu Versorgungsengpässen in der ambulanten Versorgung kommen kann. Daher müssen schnellstmöglich Hindernisse beseitigt werden, die einer flächendeckenden Versorgung entgegenstehen. Geeignete Maßnahmen zur Liberalisierung der vertragsärztlichen Tätigkeit sind unter anderem die Verbesserung der Anstellungsmöglichkeiten bei und von Vertragsärzten, die Flexibilisierung der Bedarfsplanung auf Landesebene oder die gleichzeitige Ermöglichung einer Tätigkeit in der ambulanten und der stationären Versorgung.

Wir werden das ärztliche Vergütungssystem fortentwickeln und vereinfachen, um eine qualitativ hochwertige Versorgung aller Versicherten in der GKV auch in Zukunft zu gewährleisten. Ziel muss es sein, ein Vergütungssystem zu schaffen, das Transparenz schafft und in dem die heutige Systematik verstärkt durch Pauschalvergütungen kombiniert mit Einzelvergütungsmöglichkeiten für spezielle Leistungen ersetzt wird. Die komplexen Regelungen zur Einführung eines neuen Vergütungssystems müssen unter Berücksichtigung von Morbiditätskriterien vereinfacht und in einem professionellen Verfahren erarbeitet werden. Für ambulante Leistungen in Krankenhäusern und bei niedergelassenen Ärzten sollten vergleichbare Vergütungen geschaffen werden.

Die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Kassenärztlichen Vereinigungen werden neuen Bedingungen angepasst.

Es wird geprüft, inwieweit nichtärztliche Heilberufe stärker in Versorgungskonzepte einbezogen werden können.

Es wird eine Behandlungspflicht zu bestimmten Gebührensätzen für privatversicherte Personengruppen, wie zum Beispiel Beihilfeberechtigte und Standardtarifversicherte, sowohl bei wahlärztlichen Leistungen in Krankenhäusern als auch bei ambulanten Leistungen niedergelassener Ärzte geschaffen. Die dafür vorgesehenen abgesenkten Gebührensätze werden in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und für Zahnärzte (GOZ) verbindlich verankert.

Zahnärztliche Versorgung

Die Wirkungen befundorientierter Festzuschüsse beim Zahnersatz einschließlich einer adäquaten Vergütung für zahntechnische Leistungen müssen überprüft werden. Die Gebührenordnung für Zahnärzte muss weiterentwickelt werden.

Krankenhausversorgung

Spätestens 2008 ist der ordnungspolitische Rahmen für die Krankenhausversorgung nach dem Ende der Konvergenzphase festzulegen. Um Fehlentwicklungen zu vermeiden, soll geprüft werden, ob die Kalkulationsmethode der DRGs den Pflegeaufwand und die Kosten der Weiterbildung angemessen abbildet. Für die belegärztliche Vergütung soll im DRG-System eine Regelung gefunden werden.

Das GKV-Modernisierungsgesetz hat flexible Vertragsmöglichkeiten geschaffen, um die strikte Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung zu überwinden. In der Praxis haben sich solche Verträge jedoch nicht durchgesetzt. Daher ist zu überprüfen, inwieweit Hindernisse für solche Vertragsgestaltungen beseitigt werden können.

Besondere Versorgungsformen

In der integrierten Versorgung soll die Anschubfinanzierung über das Jahr 2006 hinaus bis zum 1. Januar 2008 verlängert werden. Ziel der integrierten Versorgung muss es sein, Fach- oder Sektorengrenzen zu überwinden, Versorgungsqualität zu erhöhen, Transparenz bei Angebot und Wirkung herzustellen sowie bevölkerungsbezogene Flächendeckung zu erreichen.

Um den Verwaltungsaufwand bei Disease-Management-Programmen (DMP) zu reduzieren und Multimorbidität zu berücksichtigen, ist die Schaffung eines einheitlichen Rahmens für alle Programme erforderlich. Dabei soll die Möglichkeit geprüft werden, alle gesetzlichen Krankenkassen zur Durchführung der DMP nach einem einheitlichen Qualitätsstandard zu verpflichten und somit auf Einzelzertifizierung zu verzichten. Die Verknüpfung mit dem Risikostrukturausgleich ist mit der Entscheidung über einen weiterentwickelten Ausgleich neu zu gestalten.

Speziell im letzten Lebensabschnitt ist die gesundheitliche und pflegerische Versorgung in Deutschland zu verbessern. Viele Menschen wünschen sich, auch bei schweren Erkrankungen bis zuletzt zu Hause versorgt zu werden. Unsere heutigen Angebote tragen diesen Bedürfnissen nur unzureichend Rechnung. Daher müssen im Leistungs-, Vertrags- und Finanzierungsrecht der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung Regelungen zur besseren palliativmedizinischen Versorgung verankert werden.

Um dem demografischen Wandel Rechnung zu tragen, müssen Versorgungsstrukturen und -prozesse entsprechend den Bedürfnissen älterer Menschen angepasst werden (Reha vor Pflege, ambulant vor stationär).

Den alters- und geschlechtsspezifischen Besonderheiten muss die Gesundheitsversorgung stärker Rechnung tragen.

Arzneimittelversorgung

Fehlentwicklungen bei der Arzneimittelversorgung müssen korrigiert werden. Die Gewährung von Naturalrabatten an Apotheker wird ausgeschlossen. Die dadurch frei werdenden Rationalisierungsreserven werden durch eine Preissenkung bei Generika in Höhe von 5% zu Gunsten der GKV erschlossen. Um Preiserhöhungen zu vermeiden, dürfen die Preise für alle Arzneimittel für 2 Jahre nicht erhöht werden.

Um den Pharmastandort Deutschland zu stärken, sind echte Innovationen mit therapeutischem Zusatznutzen erwünscht. Deshalb sind diese klar zu definieren, von Scheininnovationen eindeutig abzugrenzen und unterliegen nicht den Festbetragsregelungen. Unter dieser Voraussetzung wird das Festbetragssystem entsprechend nachjustiert, um Entscheidungsprozesse zu beschleunigen. In den Festbetragsgruppen werden vorhandene Wirtschaftlichkeitsreserven erschlossen. Die individuelle Verantwortung des Arztes für seine Verordnungspraxis wird gestärkt.

Es ist zu prüfen, wie eine Verwendung von nicht verabreichten Opiaten und anderen Medikamenten nach dem Tod eines Patienten in Hospizen und Heimen möglich wird.

7.2.4 Sicherstellung laufender Vorhaben 4452

Die Arbeiten an der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte werden zielgerichtet fortgeführt. Der Missbrauch der Versichertenkarte muss konsequent bekämpft werden. Das Gesetz über die Arbeitgeberumlage für Mutterschutzleistungen wird umgehend 4458

verabschiedet. 4459

4460

Dem terminbezogenen Veränderungsbedarf für gesetzliche Fristen im Bereich der integrierten Versorgung, für die Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs und der ärztlichen Vergütung ist Rechnung zu tragen.

Bei Verweigerung der Zahlung der Praxisgebühr werden die Gerichtskosten beim Schuldner erhoben, ohne die Leistungserbringer oder die Kostenträger zu belasten.

8. Pflegeversicherung

Die Pflegeversicherung bleibt ein zentraler Baustein der sozialen Sicherungssysteme. Die solidarische Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit mit dem Leitbild einer menschlichen Pflege wird auch in Zukunft gewährleistet sein. Die Pflegeversicherung muss jedoch – wie auch die anderen sozialen Sicherungssysteme – den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden. Dies gilt insbesondere für die demographische Entwicklung. Auch für die soziale Pflegeversicherung gilt der Maßstab, dass die erwerbstätige Generation nicht überfordert werden darf. Eigenverantwortung und Eigeninitiative müssen gestärkt werden und Solidarität ist nicht nur innerhalb der einzelnen Generationen, sondern auch zwischen den Generationen gefordert. Dabei kommt der Bereitschaft zur Selbsthilfe und zum ehrenamtlichen Engagement besondere Bedeutung zu.

Sicherung einer nachhaltigen und gerechten Finanzierung

Um angesichts der demographischen Entwicklung sicherzustellen, dass die Pflegebedürftigen auch in Zukunft die Pflegeleistungen erhalten, die sie für eine ausreichende und angemessene Pflege zu einem bezahlbaren Preis brauchen, ist die Ergänzung des Umlageverfahrens durch kapitalgedeckte Elemente als Demographiereserve notwendig.

An der Nahtstelle von Kranken- und Pflegeversicherung müssen Präventions- und Rehabilitationsleistungen zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit deutlich verbessert werden. Im Gegenzug verbleibt die Finanzierung der Behandlungspflege als Daueraufgabe bei der Pflegeversicherung.

Im Gegensatz zur Krankenversicherung haben gesetzliche und private Pflegeversicherung einen einheitlichen Leistungsumfang. Die Kalkulationsgrundlagen für die Beiträge der Versicherten und die Risikostrukturen sind jedoch unterschiedlich. Beide Versicherungssysteme sollen auch in Zukunft die Pflegeversicherung anbieten. Zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen wird ein Finanzausgleich zwischen gesetzlicher und privater Pflegeversicherung eingeführt. Der Kapitalstock wird dafür nicht angegriffen.

Das Gesetz zur Sicherung einer nachhaltigen und gerechten Finanzierung der Pflegeversicherung wird bis zum Sommer 2006 vorgelegt.

8.2 Verbesserungen auf der Leistungsseite

Die Leistungen der Pflegeversicherung sind seit 1995 unverändert geblieben und unterliegen daher einem schleichenden Wertverfall. Zunehmend müssen deshalb Pflegebedürftige von der Sozialhilfe unterstützt werden. Die Pflegeleistungen sollen daher dynamisiert werden. Die gegenwärtige Spreizung zwischen den einzelnen Pflegestufen ist im Hinblick auf die Anreizwirkung und die bedarfsgerechte Versorgung zu überarbeiten. Dazu bedarf es einer Nachjustierung der Pflegeleistungen mit dem Ziel der Stärkung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“.

Der besondere Hilfe- und Betreuungsbedarf zum Beispiel der Demenzkranken soll künftig durch die Pflegeversicherung besser berücksichtigt werden. Dazu bedarf es mittelfristig auch der Überarbeitung des Pflegebegriffs, der die aktuellen Erkenntnisse der Pflegewissenschaften berücksichtigt.

Pflegeheime und ambulante Pflegedienste werden durch eine Vielzahl von Regelungen, Verwaltungsvorschriften, Dokumentationspflichten und anderen bürokratischen Auflagen beschwert. Einen Teil ihrer Arbeitszeit verbringen professionelle Pflegekräfte mit entbehrlichem Verwaltunsaufwand. Maßnahmen zur Qualitätssicherung müssen primär am Ergebnis orientiert sein. Die derzeit geltenden Bestimmungen werden deshalb in diesem Sinne vereinfacht und harmonisiert und der Verwaltungsaufwand wird reduziert. Dabei werden die Vorschläge des "Runden Tisches Pflege" einbezogen.

Die vielfachen Abstimmungs- und Schnittstellenprobleme zwischen der Kranken- und Pflegeversicherung, die von der Definition der jeweiligen Bedarfstatbestände bis hin zu Finanzierungs- und Leistungserbringungsfragen reichen, müssen überwunden werden. Insbesondere ist zu prüfen, wie der bisher nicht ausreichend praktizierte Grundsatz „Reha vor und bei Pflege“ – einschließlich der geriatrischen und gerontopsychatrischen Reha – durch sachgerechte Zuordnung von Leistungen und deren Finanzierung besser zur Geltung gelangt.

Der Pflegeurlaub im Rahmen der Familienpflege sollte ausgeweitet werden.

Es müssen geeignete Maßnahmen (zum Beispiel integrierte Pflegeausbildung) getroffen werden, um in der Zukunft genügend professionelle Pflegekräfte für die Pflege zu gewinnen und die Qualität der Pflege zu sichern.

Alternative Wohn- und Betreuungsangebote sind ebenso zu fördern wie niedrigschwellige Angebote (beispielsweise zur Unterstützung der häuslichen Pflege).

 



[1] 'Verfahrensordnungen sind die diversen Gerichtsgesetze, darunter das Sozialgerichtsgesetz. Die Gerichtsgesetze regeln die Rechte der Beteiligten, der Gerichte und die Art und Weise der Prozessführung. Alle diese Verfahrensordnungen sind außerordentlich wichtig. Wird an dieser Stellschraube ´gedreht´, kann das gesamte materielle Recht unwirksam (gemacht) werden.    

[2] Unter Drogen- und Suchtpolitik fallen auch für die Koalitionsregierung die süchtig machenden Arbeitsstoffe nicht, mit denen ArbeitnehmerInnen  und andere Schaffende umgehen müssen oder – nicht ahnend, dass sie mit Drogen hantieren – umgehen. Wie Freizeitdrogen sind auch alle diese Substanzen nervengiftig – sie fressen ´Löcher ins Gehirn´.